Der Wink mit dem Zaunpfahl

Rehwild rechnet man zu den „Schlüpfertypen“. Der Rehbock belegt, warum das so ist.

Wer in die Natur geht, freut sich auf ein Stückchen Freiheit außerhalb der von Menschen dominierten Räume. Leider tauchen auch abseits der besiedelten Bereiche immer mehr Hindernisse auf – dazu gehören auch die vielen Zäune in Feld und Wald. Deutschland belegt in dieser Hinsicht einen absoluten Spitzenplatz auf europäischer Ebene. Aktuell werden durch die kilometerlangen ASP-Zäune zusätzlich ellenlange Sperrwälle gezogen. Für Menschen sind diese Barrieren äußerst ärgerlich, für die Tiere in Feld und Wald sind sie jedoch wahrlich existenzbedrohend. Sie entziehen ihnen den Lebensraum und werden zu Todesfallen.

Für Hirsche stellen Elektrozäune dieser Art kein Hindernis dar. Das Hordengatter im Hintergrund ist da schon ein größeres Hindernis.

Wofür brauchen wir überhaupt Zäune?

Wofür sind Zäune da? Es geht ums Einsperren ebenso wie ums Aussperren. Weidetiere, wie Kühe oder Schafe, werden durch Zäune auf einer definierten Fläche fixiert, so dass sie nicht ausbrechen können. Umgekehrt sollen zum Beispiel Kulturzäune im Wald das Eindringen von Wildtieren verhindern. Das Thema hat viele Formen und Facetten. Die folgenden Betrachtungen konzentrieren sich auf die Bedeutung von Zäunen für Wildtiere aus Sicht der Jagd und des Tierschutzes.

Wenn flüchtiges Wild einen Zaun rechtzeitig erkennt, ist es in der Lage, ohne zu reißen darüber hinwegzusetzen.

Elektrozäune zum Schutz von Weidetieren und gegen Wildschaden

In der offenen Landschaft werden vorwiegend Elektrozäune benutzt, um die Weideflächen für Nutztiere sicher einzugrenzen. Vor allem bei der Schafhaltung ergibt sich so eine hohe Mobilität, da sich die Zäune relativ schnell umsetzen lassen. In diesen Umzäunungen verfangen sich eher selten Wildtiere, da kaum Reh oder Hirsch Neigung zeigen, in den Kral vorzudringen. Anders ist es allerdings mit Wölfen, die selbst bei der für den Herdenschutz vorgeschriebenen Höhe von 1,20 Meter kein Problem haben, in diesen Pferch einzudringen. In wildschadensgefährdeten Revieren setzen Jäger häufig selbst  Elektrozäune ein, um Kulturen, wie Mais oder Getreide, zu schützen. Hier genügen meistens schon niedrige Drähte, um das Schlimmste zu verhindern. Ist die Wildschadensgefahr vorbei, wird der Zaun wieder abgebaut. 

Dicke Schwarte oder kein Strom – diese Rotte scheint von dem Elektrozaun wenig beeindruckt.

Kaputte Zäune sind ein Gefahrenpotenzial

Die größere Gefahr besteht für Wildtiere nicht vorwiegend durch intakte Zäune, sondern dadurch, dass alte Zäune nicht abgebaut werden und zusammenfallen. Vor allem Forstgatter werden nicht abgeräumt, nachdem sie ihren Zweck erfüllt haben. Sie brechen mit der Zeit zusammen, wachsen teilweise in den Boden ein, werden eine echte Stolperfalle. Speziell Schalenwild verfängt sich in diesem Drahtgewirr und verwickelt sich mit Geweih oder Gehörn. Sie verstricken sich in den Drahtresten, werden schnell panisch und verschlimmern so noch ihre Lage bis zur Aussichtslosigkeit. Werden sie von Menschen nicht rechtzeitig entdeckt strangulieren sie sich elendig zu Tode. Selbst wenn sie sich befreien können, irren sie mit den Zaun- oder Litzenresten als „Kopfschmuck“ umher mit der permanenten Gefahr, an anderen Hindernissen hängen zu bleiben.

Gleich zwei Damhirsche in dem kleinen Rudel schleppen Reste von Litzen mit sich herum.

Ist der Zaun am Ende, muss er weg

Manchen Dingen in der Natur sind wir hilflos ausgeliefert, wie Stürmen oder Trockenheit. Doch bei Zäunen haben wir die Sache selber in der Hand. Zunächst ist die Frage zu stellen, ob eine Umzäunung überhaupt notwendig ist. Falls es unumgänglich scheint, sollte die umweltverträglichste Variante gewählt werden. Ist zum Beispiel ein Elektrozaun nicht sinnvoller als Stacheldraht oder passt ein verrottbares Hordengatter nicht besser als ein Wildschutzzaun aus Drahtgeflecht. Der wichtigste Punkt jedoch: Ist der Zaun nicht mehr nötig, muss er schnellstens entfernt werden. Das ist in der Praxis aber eher die Ausnahme. Hier sollten die Jäger Einfluss nehmen und die Erbauer auf die Gefahren aufmerksam machen. Engagierte Weidmänner bieten sogar an, dabei behilflich zu sein, obwohl sie nicht dafür zuständig sind.

Eine gute Tat: Auch wenn sie nicht zuständig sind, beseitigen Jäger in einer gemeinsamen Aktion alte Drahtreste.

Eingezäunte Flächen gehören zur Pachtfläche

Eingezäunte Flächen im Revier sind im Übrigen keine befriedeten Bezirke. Sie dürfen vom Jäger betreten werden, und er hat dafür auch Jagdpacht zu zahlen. Für Zäune, die der Land- und Forstwirtschaft dienen, muss normalerweise keine Genehmigung beantragt werden außer in geschützten Landschaftsteilen. Gesetzliche Bestimmungen für Zaunkonstruktionen gibt es in Deutschland nicht. Somit gibt es auch keine Aufsicht über Art, Zustand und Lebensalter. In Teilen der Schweiz ist zum Beispiel Stacheldraht verboten.

Rehe neigen eher dazu, Zäune zu unterkriechen. Dieser hier nimmt die Barriere sportlich.

Sauen sind die Türöffner bei Gattern

Jäger können lernen, mit Zäunen umzugehen. Um die Gatter herum entstehen Zwangswechsel, und Sauen schieben sich gern in diese beruhigten Inseln ein, indem sie die Gatter soweit anheben, dass sie hineinschlüpfen können. Diesen Einlass nutzen anschließend auch gern Reh und Hase. Mit den beiden letztgenannten Waldbewohnern ist der Sinn der Abschottung zerstört, denn der Zaun soll ja vor allem das unbeeinflusste Aufwachsen der Forstpflanzen sichern. Dann heißt es, entweder die Rehe erlegen oder geschickt durch vorhandene Tore herausdrücken, was nicht einfach ist. Hundeeinsatz wäre wegen entstehender Panik nicht nur kontraproduktiv, sondern auch tierschutzwidrig.

Sauen sind kein Problem in Forstkulturen, Deshalb werden mancherorts sogenannte Sauklappen in den Gatterzaun eingebaut, die ein problemloses Ein- und Auswechseln gewährleisten.

1 Comment

  1. Stephan Lohmar sagt:

    Der sogen. Wald-Wild-Konflikt hin oder her, Jungpflanzen müssen auch zukünftig teilweise mit Zaunanlagen geschützt werden, die am Ende der Nutzungsdauer natürlich entfernt werden müssen. Das kostet natürlich etwas Arbeitskraft, aber Eigentum verpflichtet nun mal.

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