Eigenverwertung „nose to tail“

Wildsalami – ein Hochgenuss auf dem Vesperbrett

Ob im Eigenjagdrevier, Pirschbezirk, Gemeinschaftsjagdrevier als Pächter oder Begehungsscheininhaber, eins ist bei der Ausübung unseres Handwerks immer garantiert – das selbst gewonnene Wildbret. Ich bezeichne es gern als Privileg, dass wir Jäger regelmäßig in diese Situation kommen, direkten Zugriff auf das wohl nachhaltigste Fleisch der Welt zu haben, welches zusätzlich auch noch am ethisch vertretbarsten ist.

Aus Keule und Rücken lassen sich Steaks am Besten schneiden

In der heutigen Gesellschaft wird der Fleischkonsum täglich umstrittener. Die Anzahl der Vegetarier und Veganer steigt stetig an. Dass Konsumenten diese Entscheidung treffen, ist oft auch nicht verwunderlich, denn die Kritik an der Herkunft des Fleisches ist in einigen Fällen nicht unbegründet. Als Jäger „erzeuge“ ich dagegen ein ethisch vertretbares Lebensmittel und ich freue mich, wenn ich mein Wildfleisch auch an andere Menschen abgeben kann.

So transportiert es sich am besten: einvakuumiert, beschriftet und stets gekühlt

Trotzdem: Bevor ich Wildbret abgebe, decke ich erstmal den eigenen Bedarf an Fleisch in meinem Haushalt. Schließlich bin ich deshalb auch Jägerin geworden! So weiß ich in der Regel schon beim Ansitz, welche Vorräte ich mit dem erhofften Stück Beute wieder auffüllen möchte. Dabei ist mir wichtig, nicht nur die „edlen“ Wildteile, wie Rücken oder Keulen, zu verwerten, sondern das ganze Tier. Im Fleischerhandwerk nennt man das „from nose to tail“, also von der Nase bis zum Schwanz.

Schnitzel aus Wildlfeisch – besonders bei Kindern sehr beliebt

War die Jagd erfolgreich, muss bei Allesfressern wie Wildschweinen oder Dachsen etwas Muskelfleisch entnommen werden und vom Veterinäramt auf Trichinen untersucht werden. Bei Rehwild oder Rotwild, als reinen Pflanzenfressern, ist diese Trichinenprobe zum Beispiel nicht notwendig und es kann direkt an die Verwertung gehen. Aber nicht ans Muskelfleisch, denn das soll in der Decke einige Tage reifen, sondern an die Innereien. Beim Rehwild zum Beispiel kommt so gut wie alles mit nach Hause: Herz, Leber, Lunge, Nieren, Milz, aber auch der Magen sowie Drossel und Schlund. In meinem Jagdrucksack habe ich dafür schon immer alles vorbereitet dabei: In der Innentasche mit Reisverschluss befinden sich mehrere 3-Liter-Zipperbeutel, die mit den Innereien gefüllt werden können.

Im Hängen lässt sich die Decke beim gereiften Wild leicht lösen

Das erlegte Stück kommt dann für mehrere Tage direkt in die Kühlung, bei 5–7 °C erhält man die beste Fleischqualität, das Wildbret wird zart und entwickelt das perfekte Aroma. Als Faustregel lässt sich grob festhalten: mindestens 3 Tage, plus 1 Tag pro Lebensjahr des Tieres. So kommt es bei mir nicht selten vor, dass die Stücke mal 6–7 Tage im Kühlschrank hängen. Ist die Technik der Kühlanlage in einwandfreiem Zustand (keine Temperaturschwankungen) und wurde beim Aufbrechen sauber gearbeitet, gibt es hier keinerlei Bedenken bezüglich der Fleischhygiene.

Das Fleisch an den Rippen kann ausgelöst werden oder die Rippen im Ganzen zu Spareribs zubereitet werden

Doch was passiert nun mit den eben erwähnten Innereien? Leber, Herz und Niere eignen sich frisch, aber auch aufgetaut, für traditionelle Gerichte, wie diverse Eintöpfe, Leberknödel oder saure Innereien. Wer daran keinen Gefallen findet, kann die Leber auch gefroren sammeln und anschließend zum Metzger des Vertrauens bringen – Wildleberwurst für den eigenen Verbrauch oder als Geschenk für Freunde und Familie kommt immer gut an.

Wildsalami – ein Hochgenuss auf dem Vesperbrett

Sollte sich auch dafür keine Verwendung finden, dann kommen unsere geliebten vierbeinigen Jagdhelfer ins Spiel. Denn vor allem bei Reh- und Rotwild spricht nichts gegen das rohe Verfüttern. Es wäre doch schade, wenn diese Leckerei nicht den Weg in den Futternapf fände. Drossel und Schlund eignen sich genauso gut wie Knochen als Snack für zwischendurch oder Hauptmahlzeit. Die schönen Nebeneffekte: Man hat hier sogar eine finanzielle Ersparnis bzgl. des Hundefutters und die Fütterung ist nicht nur gesund für den Magen und Darm, sondern auch für die Zähne. (Wichtig: keine Verfütterung von rohem Schwarzwild, aufgrund der Ansteckungsgefahr mit der Aujeszkyschen Krankheit!)

Dackelhündin Alma lässt sich den Rehknochen schmecken

Ganz nach dem Motto Nose-to-Tail geht’s dann in der Wildkammer ans Zerwirken. Von Haxe bis Nacken – alles kann verwertet werden. Beim Wild lohnt es sich manchmal, erstmal in der Truhe zu sammeln, um die Familie sattzubekommen. So ist es bespielsweise bei der Grillhaxe: Erst wenn ich pro Person 2–3 Wildschweinhaxen auf Vorrat habe, starte ich mit der Zubereitung für dieses Gericht.

Feine Medaillons mit selbstgemachter Marinade

Vermeintlich unbeliebte Stücke, wie Rippen, werden zur Spareribs zubereitet oder das Fleisch ausgelöst und es kommt zur nächsten Sammlung in der Truhe: dem Wurstfleisch. Auch hier gilt: Habe ich eine gewisse Menge zusammen, dann geht’s zum Metzger. Er zaubert leckere Wildbratwürste oder Salami. Mit ein bisschen mehr Zeitaufwand und mehr Ausstattung in der eigenen Küche lässt sich das aber auch einfach selbst herstellen.

Fleischabschnitte werden zu Wildbratwürsten verarbeitet. Der Renner auf dem Grill.

Grundsätzlich empfiehlt es sich immer, schon beim Zerwirken im Kopf zu haben, was man später daraus kochen möchte. Die Arbeit selbst macht dadurch nochmal mehr Spaß und das spätere Zubereiten geht schneller, da die Stücke ja bereits küchenfertig in der Truhe liegen. Dann heißt es zum Beispiel beim Steak nämlich nur noch: Auftauen, würzen, grillen, genießen. In diesem Sinne: Viel Spaß beim nächsten Zerwirken und guten Appetit wünscht Ihre Lisa Müller!

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