Unfälle mit Wild vermeiden

In den Dämmerungsstunden geht der Damhirsch (Dama dama) auf Nahrungssuche. (Foto: iStock / Alan Currie)

Die Umstellung auf die Winterzeit steht kurz bevor. Am Sonntag, den 27. Oktober, wird die Zeit von drei Uhr auf zwei Uhr zurückgestellt. Diese eine Stunde verlängert für uns Menschen die Nacht. Sie sorgt aber auch dafür, dass die Gefahr von Wildunfällen auf den Straßen steigt.

Wildtiere passen ihre Aktivität an das Tageslicht an, um uns Menschen möglichst aus dem Weg zu gehen. So sind Reh, Wildschwein, Hirsch, Fuchs, Dachs und Hase vor allem während der Dämmerung auf Nahrungssuche. Dabei überqueren die Tiere zum Teil Kreis- und Bundesstraßen, manchmal sogar die Autobahn. Durch die Zeitumstellung verschiebt sich nun auch der ­Berufsverkehr in die Dämmerungs­stunden – und damit in eine Phase des Tages, in der besonders viele Wildtiere unterwegs sind.

Dadurch kracht es im Herbst oft: Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) werden pro Jahr rund 265 000 Wildunfälle registriert – von Oktober bis Dezember ist die Gefahr besonders hoch. Weil viele Lebensräume durch Verkehrswege und Siedlungen stark zerstückelt sind, queren Wildtiere häufig die Straße. Nässe oder Bodenfrost sorgen im Herbst zudem für rutschigen Asphalt und erschweren das Abstoppen.

Bei einer Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern beträgt der Bremsweg bereits 55 Meter. (Foto: Adobe Stock / Philipimage)

Dr. Andreas Kinser, Leiter Natur- und Artenschutz der Deutschen Wildtier Stiftung, erklärt, wie man sich in Gebieten mit Wildwechsel am besten verhält: „Autofahrer sollten Warnschilder ernst nehmen, Tempolimits beachten und ausreichend Abstand zu vorausfahrenden Autos halten.“ Das wichtigste Gebot lautet aber Aufmerksamkeit: „Das erste, was man von einem Wildtier sieht, sind zwei reflektierende Augen“, sagt Kinser. Tauchen sie oder eine Tier-Silhouette auf, gilt es mit Bedacht zu bremsen und nicht auszuweichen. Außerdem sollte man immer mit Nachzüglern rechnen. Kinser: „Wo ein Tier die Straße überquert, folgen meist weitere.“

Um die Gefahr von Wildunfällen zu verringern, gibt es sogenannte Wildwarner, das sind meist Pfeiler mit blauen Reflektoren. Aber auch sie helfen nicht immer: „Hochflüchtiges Wild reagiert wahrscheinlich nicht auf die Reflektoren und quert die Straße trotzdem“, sagt Kinser. Eine Lösung könnten automatische Wildwarnsysteme sein, die mittels Sensoren erkennen, ob sich Wild in der Nähe aufhält. Ist das der Fall, leuchten Warnlampen an den Straßenleitpfosten auf – der Autofahrer kann bremsen. In der Schweiz ist das System der Firma AniMot bereits im Einsatz. Kinser: „Der technische Fortschritt könnte eine echte Veränderung bringen und das Leben vieler Wildtiere und auch Menschen retten.“ 

Schlechte Sicht und glatte Straßen: Während der kalten Jahreszeit ist die Gefahr eines Wildunfalls besonders hoch. (Foto: imageBROKER.com / Thomas Jentzsch)

Und wenn es doch einmal zu einem Wildunfall kommt? „Ruhe bewahren. Autofahrer sollten den Unfallort nicht verlassen. Sie müssen davon ausgehen, dass das Wildtier verletzt ist, Schmerzen hat und leidet“, erklärt der Wildtierexperte. „Es ist Aufgabe des Fahrers, schnell Hilfe zu holen, damit das Tier erlöst werden kann.“ Auch bei einem Wildtier ist unterlassene Hilfeleistung strafbar, es drohen hohe Bußgelder.

Was es noch zu tun gibt: die Unfallstelle mit dem Warndreieck absichern und die 110 anrufen. Die Polizei weiß, wo der nächste zuständige Förster oder Jagdpächter für das Revier zu erreichen ist. Polizei oder Jäger stellen eine Unfallbescheinigung für die Kfz-Versicherung aus. Auf keinen Fall sollte man zu dem verletzten Wildtier gehen und es streicheln, sagt Andreas Kinser: „Für die Tiere ist die Nähe des Menschen allerschlimmster Stress.“

Wenn nachts die Polizei anruft – Bericht eines Jägers

„Für mich als Jäger ist es sehr bitter, zu einem Wildunfall gerufen zu werden. Ich liebe das Wild, hege aus Überzeugung, erfreue mich aber genauso an einem Braten aus hochwertigem Wildbret. Die Herausforderung nach einer Kollision ist oft, das geflüchtete Tier zu finden. Als große Hilfe erweist sich ein brauchbarer Jagdhund. In den meisten Fällen ist klar: Das überfahrene Stück ist nicht zu verwerten – sogenanntes Fallwild wandert zur nächsten Konfiskatstelle.

Lebt das Tier noch, wird uns Jägern eine unangenehme Pflicht zuteil. Ein waidgerechtes Abfangen ist im Sinne des Tierwohls meist unabdingbar. Wie mögen sich Autofahrer fühlen, die an einem verletzten, klagenden Wildtier warten müssen, bis die Polizei oder der zuständige Jäger eingetroffen ist? Nach Jahrzehnten ohne Wildunfall habe ich selbst ein Reh mit dem Auto erwischt. Der Sachschaden wird zwar ersetzt, doch die Erinnerung an das leidende Tier lässt sich nicht so schnell aus den Kleidern schütteln.“

Frank Rakow, Jäger und Journalist
Auf Strecken mit Wildwechsel-Warnschildern sollten Autofahrer immer bremsbereit sein. (Foto: Adobe Stock / pia-pictures)

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