Hirschbrunft – ein stimmgewaltiges Spektakel

Voller Inbrunst schmettert der Hirsch seinen Ruf in die Landschaft.

Es ist wohl das beeindruckendste Spektakel, das in deutschen Herbstwäldern stattfindet – die Brunft des Rothirsches, der größten freilebenden Säugetierart unserer Breiten, gern deshalb auch als „König der Wälder“ betitelt. Diese imposante Wildart, immerhin rund zehn Mal so schwer wie ein Reh, bevorzugt für sein Auftreten ab Mitte September eigentlich eher offene Landschaften, die allerdings in unserer zersiedelten Landschaft meistens schon von Menschen besetzt sind. Da sind ihm ruhige Waldwinkel lieber.

Mitunter weite Wege bis zu den Brunftplätzen

Nach der Kolben- und Feistzeit, in denen sich die Recken für die kommenden Aufgaben „mästen“, kommt Anfang September Unruhe in den Rudeln auf, besonders bei Hirschen im besten Mannesalter. Das ist bei Hirschen in etwa die Spanne vom 7. bis zum 13. Lebensjahr. Sie setzen sich ab und suchen das weibliche Wild, von dem sie sich den Sommer über eher abseits gehalten haben. Die Quirligkeit des Nachwuchses verträgt sich nicht mit ihrem sommerlichen Müßiggang. Sie suchen jedoch nicht immer die Rotwilddamen aus ihrer Nachbarschaft. Hirsche ziehen häufig aus ihren Feisthirscheinständen viele Kilometer weiter, um sich an einem entfernten Brunftplatz zu etablieren. Diesem Ort bleiben sie häufig über viele Jahre treu und sind für die dortigen Jäger wiederzuerkennen und ihrer Entwicklung einzuschätzen. Jagdbar ist ein älterer Hirsch erst, wenn er mindestens zehn Jahre alt ist. Nach der Brunft ziehen diese Recken dann meistens wieder in ihre früheren Einstände zurück.

Im Sommer gehen die Geschlechter beim Rotwild getrennte Wege. Vor allem die älteren Hirschen meiden die Unruhe durch den Nachwuchs.

Rothirsche verfügen über ein großes Stimmrepertoire

Am beeindruckendsten an der Hirschbrunft ist die Akustik. Rothirsche verfügen über ein gewaltiges Stimmvermögen und viele Modulationen. Auch dem erfahrensten Hirschjäger, der auf kurze Entfernung von einem Hirsch angeschrien wird, spürt körperlich die Urkraft und die Intensität dieses Wildes und es wird ihm ein kalter Schauer über den Rücken laufen. Aber nicht alle Lautäußerungen des Hirsches sind laut. Die Hirschsprache verfügt über ein großes Repertoire – je nach Lage der Dinge: Brummen, Knören, Trenzen bis zum dröhnenden Spreng- und Kampfruf.

Mit seiner Größe, seinem imposanten Geweih und der kräftigen Stimme ist der Rothirsch seit Jahrhunderten ein Sinnbild für urwüchsige Kraft.

Mit dem Hirschruf in Kontakt treten

Geübte Rotwildjäger imitieren diese Laute mit Hilfsinstrumenten und versuchen, auf diese Art mit dem wilden Rufer „ins Gespräch zu kommen“, um ihn anzulocken oder seine Position herauszubekommen. Die spannendste Variante ist die Rolle als Rivale, um das Gegenüber herauszufordern oder um den Hirsch im dichten Gelände anzugehen. Am Rufen des Hirsches lässt sich auch gut feststellen, ob er zum Beispiel auf der Suche nach weiblichem Kahlwild ist oder ob er bereits ein Rudel um sich geschart hat und dieses natürlich gegen etwaige Konkurrenten verteidigen will. Die Akustik bei der Brunft spielt für den Hirschjäger deshalb eine große Rolle. Im Gegensatz zur Blattjagd, erzeugt der Jäger keine Locktöne des weiblichen Wildes, sondern richtet sich nach den Lauten des Hirsches und mimt, wenn es passt und er es kann, den Konkurrenten.

Selbst bei der intensiven Verfolgung eines abgeschlagenen Rivalen wird der Ruf eingesetzt.
Nur selten gelingt es, so einen reifen Hirsch mit dem Ruf aus seiner Deckung zu locken.

Stimmlich kann es kein anderes Tier bei uns mit dem Hirsch aufnehmen

Die Körperdimension eines Tieres korreliert nicht unbedingt mit der Stärke seiner Laute. Der wesentlich größere Elch zum Beispiel bringt eher nur ein bescheidenes „Knurpsen“ zustande, der im Körper stärkere Wapiti macht sich lediglich durch ein anhaltendes Pfeifen bemerkbar. Und auch viele andere Wildtiere können mit der Stimmkraft unserer Rothirsche bei Weitem nicht mithalten. Sie ist in der Form einmalig und erfreulicherweise noch in vielen Regionen Deutschlands zu hören.

Der Hirschbrunft-Faszination kann sich keiner entziehen

Die Rotwildbrunft ist eine gute Gelegenheit, interessierte Bekannte mitzunehmen, um sie die Faszination dieses Spektakels miterleben zu lassen. Selbst jagdkritische Zeitgenossen können sich dieser einzigartigen Atmosphäre kaum entziehen und staunen, was für grandiose Dinge sich in den ruhigen Ecken unseres Landes abspielen. Eine gute Möglichkeit, für die Sache mit der Jagd zu werben. Wer kein Rotwild im Revier hat, weiß bestimmt, wo es eine Waldbühne gibt, um ein solches Geschehen zu erleben, zumindest dem eindrucksvollen Konzert zu lauschen.

Eine Szenerie, der sich kein Naturfreund entziehen kann: Hirsch mit Rudel im Nebel bei aufgehender Sonne.

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